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Frauen und Mädchen in von Armut betroffenen Ländern sind von den derzeitigen multiplen Krisen in besonderer Weise betroffen. Elizabeth Bryan (Senior Scientist, IFPRI), Ruth Meinzen-Dick (Senior Researcher, IFPRI) und Claudia Ringler (Director of the Natural Resource and Resilience Unit, IFPRI) untersuchen, wie die Resilienz und Reaktionsfähigkeit von Frauen und Mädchen in Krisen gefördert und gestärkt werden kann. Zudem diskutieren sie die zugrundeliegenden geschlechtsspezifischen Ungleichheiten – und was getan werden kann, um diese zu beseitigen.
Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin Rural21 und ist Teil einer Medienkooperation zwischen Rural21 und foodfortransformation.org.
Die Welt wurde in den letzten Jahren mit einer Reihe multipler Schocks und Stressfaktoren konfrontiert – darunter die Covid-19-Pandemie, die durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöste globale Nahrungsmittelkrise, mehrere lokale Konflikte rund um den Globus und die sich verschärfende Klimakrise. Damit vulnerable Bevölkerungsgruppen sich zukünftig besser von Schocks erholen können und gleichzeitig besser vorbereitet sind, sind politische Maßnahmen, Investitionen und Interventionen zur Stärkung der Resilienz unerlässlich geworden.
Resilienz ist ein komplexes Konzept, das von verschiedenen Disziplinen auf unterschiedliche Weise verstanden und verwendet wird. Wir verwenden die Definition von USAID, die Resilienz als "die Fähigkeit von Menschen, Haushalten, Gemeinschaften, Ländern und Systemen, Schocks und Belastungen so abzumildern, sich an sie anzupassen und sich von ihnen zu erholen, dass chronische Anfälligkeit verringert und integratives Wachstum erleichtert wird“, beschreibt. Der Aufbau von Resilienz erfordert daher Investitionen und Maßnahmen, die Kapazitäten zur Anpassung aufbauen – wie z. B. die Ausweitung von wirtschaftlichen Möglichkeiten sowie Bildung und von Ernährungs- und Gesundheitsdiensten – während gleichzeitig kontextspezifische Risiken identifiziert und reduziert werden.
Diese multiplen Krisen betreffen viele vulnerable Gemeinschaften in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Dazu kommen geschlechtsspezifische Auswirkungen, die das Wohlergehen von Frauen und Mädchen im besonderen Maße betreffen. Eine sorgfältige Berücksichtigung dieser geschlechtsspezifischen Auswirkungen ist für politische und programmatische Maßnahmen erforderlich, um den Bedürfnissen von Frauen und Mädchen gerecht zu werden, bestehende geschlechtsspezifische Ungleichheiten zu beseitigen und nachhaltige Wege der Wiederherstellung zu fördern. Ohne eine geschlechtsspezifische Sichtweise werden die vorgeschlagenen Maßnahmen den Bedürfnissen von Frauen und Mädchen nicht gerecht und können Geschlechterungleichheiten sogar verschärfen.
Der FAO-Bericht „The Status of Women in Agrifood Systems“ aus 2023 zeigt, dass infolge der Covid-19-Pandemie 22 Prozent der Frauen im ersten Jahr der Pandemie ihren Arbeitsplatz in der außerlandwirtschaftlichen Agrar- und Ernährungswirtschaft verloren haben, verglichen mit nur 2 Prozent der Männer. Vergleicht man die Ernährungsunsicherheit bei Männern und Frauen, so hat sich der Unterschied von 1,7 Prozent im Jahr 2019 auf 4,3 Prozent im Jahr 2021 vergrößert. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede sind auf grundlegende Geschlechterungleichheiten in der Agrar- und Ernährungswirtschaft zurückzuführen. Ein Beispiel ist, dass der Lebensunterhalt und die Arbeitsbedingungen von Frauen oft informell, unregelmäßig, marginalisiert und geringer qualifiziert und daher anfälliger für Schocks als die von Männern sind. Darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit für Mädchen und junge Frauen höher, von der Schule genommen oder geschlechtsspezifischer Gewalt und wirtschaftlicher oder sexueller Ausbeutung ausgesetzt zu werden.
Vulnerabilität und Resilienz hängen auch von anderen intersektionellen Merkmalen wie Alter, Familienstand, Klasse und ethnischer Herkunft ab. So können beispielsweise weibliche Haushaltsführende beim Zugang zu Land, Kapital, sozialen Netzwerken und Arbeitskräften größeren Einschränkungen ausgesetzt sein. Verheiratete Frauen wiederum können durch männliche Haushaltsmitglieder zwar Zugang zu diesen Ressourcen haben, aber weniger Entscheidungsbefugnisse oder Autonomie besitzen. Ebenso können Frauen in unterschiedlichen Ernährungsumgebungen (z.B. in ländlichen oder städtischen Kontexten) vor unterschiedlichen Herausforderungen stehen. Während bäuerliche Gemeinden auf dem Land beispielsweise unter den negativen Auswirkungen von Dürren und Wasserunsicherheit zu leiden haben, können Frauen in städtischen Kontexten aufgrund der schlechten Wasserinfrastruktur und der Enge vor Herausforderungen im Zusammenhang mit Überschwemmungen und damit verbundenen Gesundheitsrisiken wie Cholera stehen.
Was kann also getan werden, um die Fähigkeit von Frauen und Mädchen zu unterstützen, effektiver auf Störungen zu reagieren und zur Resilienz ihrer Haushalte und Gemeinschaften beizutragen – während gleichzeitig die zugrunde liegenden Geschlechterungleichheiten angegangen werden, die Frauen und Mädchen von vornherein anfälliger machen? Ein nützlicher Rahmen für die Überlegungen zu den erforderlichen Ansätzen ist der Rahmen "Reach – Benefit – Empower – Transform".
In der Entwicklungszusammenarbeit, Forschung und unter politischen Entscheidungsträger*innen setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass es zum Abbau von Geschlechterungerechtigkeit nicht ausreicht, Frauen einfach nur zu erreichen (z. B. Frauen in Programmaktivitäten einzubeziehen). Strategien, Maßnahmen und Investitionen müssen sicherstellen, dass Frauen von diesen Maßnahmen durch messbare Verbesserungen ihres Wohlbefindens (z. B. Ernährungssicherheit, Einkommen und Gesundheit) profitieren. Der Zugang von Frauen zu Informationen und Finanzmitteln muss sichergestellt werden, um die Produktivität ihrer bewirtschafteten Flächen zu steigern, wirtschaftliche Chancen zu nutzen und ihre Unternehmen auszubauen. Das bedeutet auch, den sozialen Schutz und Gewaltpräventionsprogramme für Frauen in ländlichen Gebieten auszuweiten sowie Anreize zu schaffen, damit Mädchen in der Schule bleiben.
Zunehmend werden Maßnahmen gefördert, die die Selbstbestimmung von Frauen, ihre Entscheidungsfreiheit und das Verwirklichen eigener Ziele unterstützen. Frauengruppen und -netzwerke sind oft eine wichtige Plattform zur Stärkung der Resilienz und der Frauen selbst: Sie bieten Möglichkeiten zur Arbeitsteilung, zur Übernahme von Kinderbetreuungspflichten, beim Zugang zu Ersparnissen, Krediten und staatlichen Dienstleistungen, beim Zugang und Aufbau zu Vermögenswerten sowie zu mehr politischem Engagement.
Dennoch reichen selbst die Bemühungen zur Stärkung der Handlungskompetenz von Frauen nicht aus, um ihre Resilient zu erhöhen und die Geschlechterungleichheiten in der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu verringern. Für tiefgreifende und dauerhafte Verbesserungen der Stellung der Frauen sind geschlechtertransformative Ansätze (GTA) erforderlich. Um strukturelle Hindernisse in der Gesellschaft zu beseitigen, gehen geschlechtsspezifische Veränderungen über die Ebene des Individuums und des Haushalts hinaus. Daher erfordern GTA ein vielschichtiges Vorgehen auf mehreren Ebenen, bei dem patriarchale Normen, die schädlichen kulturellen Überzeugungen und Einstellungen zugrunde liegen, geschlechtsspezifische Ungleichheiten in Institutionen, politischen Rahmenbedingungen und Regierungsstrukturen auf mehreren Ebenen sowie geschlechtsspezifische Machtdynamiken und -beziehungen in Frage gestellt werden. Sie hängen auch davon ab, männliche Verbündete für die Geschlechtergleichstellung zu gewinnen.
Ein Beispiel für ein GTA-Projekt ist das "Joint Programme on Accelerating Progress towards the Empowerment of Rural Women (JP RWEE)", das von zahlreichen UN-Organisationen geleitet und in mehreren Ländern wie Äthiopien, Kirgisistan, Nepal und Niger durchgeführt wird. Unter anderem werden Dialoge auf Haushalts- und Gemeindeebene gehalten, um integrativere Entscheidungsprozesse zu fördern und männliche Verbündete für die Geschlechtergleichstellung zu gewinnen.
Zu diesen Ansätzen gehören das Gender Action Learning System (GALS) des IFAD und die Dimitra-Clubs der FAO, die Männer und Frauen auf Haushalts- und Gemeindeebene zusammenbringen, um einander zuzuhören und gemeinsam Lösungen für lokale Probleme zu suchen. Zudem bieten die Dialoge eine Plattform für geschulte Moderator*innen, die das Bewusstsein der Audienz für schädliche Geschlechternormen, Einstellungen und Überzeugungen schärfen und Strukturen in Frage stellen (z. B. lokale Regeln für den Zugang zu Ressourcen) können. Wichtig ist, dass sich JP RWEE auf gruppenbasierte Plattformen oder Ansätze stützt, die darauf abzielen, die wirtschaftlichen und existenzsichernden Möglichkeiten für Frauen zu erweitern oder ihren Zugang zu Ressourcen wie Mikrokrediten oder Ersparnissen zu verbessern.
Untersuchungen zeigen, dass die gruppenbasierten Ansätze für den Erfolg des Projekts ausschlaggebend waren. Dazu gehörte die stärkere Beteiligung von Frauen an Entscheidungen über die Existenzsicherung, den Besitz von Vermögenswerten, Kreditentscheidungen und in einigen Fällen auch an Einkommensentscheidungen. Die Beteiligung von Männern an den Maßnahmen war ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um mögliche Rückwirkungen der Aktivitäten zu vermeiden und Veränderungen in den Geschlechterbeziehungen und -normen zu fördern.
Zwar gibt es nur begrenzte Belege für die Wirksamkeit geschlechtsspezifischer Ansätze im Rahmen von Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz, doch der Status quo funktioniert eindeutig nicht. Um sicherzustellen, dass Frauen aus allen Gesellschaftsschichten aktiv am Wiederaufbau ihrer Volkswirtschaften und Gemeinschaften beteiligt werden, sind bewusste Anstrengungen und Verpflichtungen der Entwicklungszusammenarbeit zum Beenden der anhaltenden Geschlechterungleichheit unerlässlich. Um diesen Wandel herbeizuführen, braucht es Maßnahmen, die der Geschlechtergleichstellung und der Stärkung von Frauen und Mädchen Vorrang einräumen, anstatt sie zu vernachlässigen. Von Frauen geführte Organisationen und Frauenrechtsorganisationen müssen bei der Konzeption und Umsetzung von Maßnahmen im Mittelpunkt stehen und sich auf nationalen und internationalen Plattformen Gehör verschaffen. Ein starker Fokus auf Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Inklusivität und Menschenrechte muss im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen, widerstandsfähige Agrar- und Ernährungssysteme und ländliche Lebensgrundlagen aufzubauen. Trotz der vielen Herausforderungen, mit denen Frauen und Mädchen konfrontiert sind, sind sie für den Erfolg jeder Krisenbewältigung unerlässlich.